OpenStreeMap (OSM) versteht sich als freies Projekt, das Geodaten ablegt und zur Verfügung stellt. Im Zuge eines »Bürgerdialogs« zu aktuellen Themen im Kontext Nationalpark Sächsische Schweiz am 6. September 2023 in Sebnitz kam zu Tage, daß interne Mitarbeiter von OSM durch Mitarbeiter der Nationalparkverwaltung angehalten worden sind, Wege aus dem Kartenwerk zu löschen.

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Bei den zu löschenden Wegen handelt es sich um Wege, welche die NLP-Verwaltung in ihrem Sinne nicht mehr begangen sehen will, getreu dem Motto, wenn der Weg im Kartensystem nicht angezeigt wird plant auch kein Wanderer eine Route darüber.

Nun kann man trefflich streiten, ob die juristisch seit 1990 als Nationalpark deklarierte Fläche naturwissenschaftlich betrachtet überhaupt einer solchen Auszeichnung würdig ist und wie viele Besucher der Park zur Zeit »verkraftet«. Das soll gar nicht der Aufreger sein, befremdlich empfinde ich die Tatsache, eine staatliche Stelle mischt sich in die Belange eines freien Netzwerks ein und macht Vorgaben, die von den Freien auch umgesetzt werden. Das hat eine bisschen das Geschmäckle von Praktiken, die gerne in Osteuropa und Kleinasien (zu recht) kritisiert werden. Bisher glaubte ich, OSM sei wirklich open und frei – eine (Zitat) »formelle Zusammenarbeit« mit staatlichen Stellen schließt sich da aus.

Screenshot der Mitschrift eines Teilnehmers des »Bürgerdialogs« in Sebnitz.

Update 22. September 2023

Im Nachgang ergaben sich noch einige Quellen, die belegen, das Verhältnis zwischen OSM und den Verwaltungen der Nationalparke (nicht nur Sächsische Schweiz) sei eher kooperativ als administrativ anordnend. Bereits im April 2020 gab es für den NLP Sächsische Schweiz eine »Referentin für digitales Besuchermanagement«. Ihr Aufgabengebiet ist in einem Vortrag vorgestellt, dieser stammt aus dem Juni 2021 und wurde auf der FOSSGIS-Konferenz gehalten.

»OpenStreetMap in Nationalparken – Chancen, Folgen und Herausforderungen«

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Nichtsdestotrotz ergibt sich, daß nicht nur illegal angelegte Wege (z. B. Trails der MTB-DH-Szene), sondern auch traditionelle Wirtschafts- und Wanderwege, die einst zur schlichten Durchquerung des Gebiets in der Alltagsmobilität angelegt worden sind (Zweckverbindungen), verschwinden. Statt diese zu löschen oder »unsichtbar zu machen« würde eine Kennzeichnung als »Verboten für Benutzergruppen X, Y, Z« reichen. Dieses Feature bietet OSM bereits lange – und wurde im Fall Sachsen sogar angewendet – mit der Konsequenz, Wege die bspw. ein Fahrverbot für Radfahrer haben werden bei dritten Routenplanungswerkzeugen nicht vorgeschlagen. Es bleibt in der Verantwortung des NLP-Besuchers, solche Wege trotzdem zu befahren bzw. zu begehen.

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