Jeschken VI.

Hurrikan »Ophelia« wirbelt Mitte Oktober warme Luft nach Mitteleuropa und sorgt für sommerliche Temperaturen bis 25°C bei voller Sonnenscheindauer nach Auflösung des Morgennebels. Dies soll für die wahrscheinlich letzte Sommer-Tour des Jahres genutzt werden und so geht es noch einmal Richtung Jeschken, wo bei der letzten Tour im Juli leider gar keine Aussicht vom Berg möglich war.

Blaue Stunde bei Sohland / Spree.

Blaue Stunde bei Sohland / Spree.

Nicht ganz unwesentlich soll eine andere Route zur klassischen getestet werden. Um gegen Mittag auf dem Berg und noch vor Sonnenuntergang wieder zu Hause zu sein ist bei einer Fahrzeit von fünf Stunden pro Richtung Start morgens halb sieben. Sonnenaufgang ist um 07:26 Uhr, d. h. es ist noch stockfinster, als ich aufbreche. Im Bereich des Grenzübergangs bei Sohland / Spree ist es hell genug, daß man ohne Licht fahren könnte, wegen des Morgennebels bleibt die Beleuchtung zur eigenen Lebensversicherung an. Nördlich Schönlinde schafft es die Sonne über den östlichen Horizont und zeigt die vom Gelb der verfärbten Ahornbäume gezeichnete Landschaft als das typische Bild vom »Goldenen Oktober«.

Sonnenaufgang bei Schönlinde.

Sonnenaufgang bei Schönlinde.

Die Neuheit an der Routenplanung soll die Einbeziehung des Zittauer Gebirges, also des deutschen Teils des Lausitzer Gebirges, werden. Statt wie sonst südlich der Linie Tannenberg – Lausche – Hochwald geht es heute nördlich daran vorbei durch die Dörfer Waltersdorf (oberl. Mundart Waalerschdurf), Jonsdorf, Hain und Luftkurort Lückendorf. Nach Überquerung des Hauptkammes des Lausitzer Gebirges auf der Gabeler Straße bei Lückendorf trifft die Alternativ-Route bei Deutsch Gabel (Jablonné v Podještědí) wieder auf die wohl bekannte. Der Paßübergang – inoffiziell Lückendorfer Paß, ungefähr 400 m – ist nicht besonders spektakulär, da man sich über die Kammstraße von Westen her annähert. Um die Kammhöhe zu erreichen bedarf es allerdings der wunderbaren 17%-Rampe Kammloch-Paß (ungefähr 530 m) zwischen Kurort Oybin und Lückendorf.

Hochwald-Blick bei Hain.

Hochwald-Blick bei Hain.

Hochwald-Blick in Hain.

Hochwald-Blick in Hain.

Anfahrt Kammloch-Paß.

Anfahrt Kammloch-Paß.

Östlich Deutsch Gabel ist die Landschaft plötzlich in tiefen Nebel getaucht und es kommt die Befürchtung auf, daß der Jeschken-Gipfel auch wieder im Nebel steckt, wie beim letzten Besuch. Die Befürchtung bewahrheitet sich zum Glück nicht, bei Kriesdorf (Křižany) wird der Blick auf den Berg frei. Gleichzeitig beginnt hier die ungefähr zehn Kilometer lange westliche Anfahrt zum Gipfel.

Jeschken-Blick in Kriesdorf (Křižany).

Jeschken-Blick in Kriesdorf (Křižany).

Die Anfahrt zum Gipfel fühlt sich gewohnt hart hat, wie es halt so ist, mit neunzig Kilometern Mittelgebirge in den Beinen. Was zunächst auffällt ist das enorme Begängnis auf der Fahrstraße zum Gipfel. Seit 1995 ist es inklusive Fußwanderungen der zehnte Besuch auf dem Berg, über alle vier Jahreszeiten hinweg, doch so voll wie heute war es oben noch nie. Trotzdem läuft der Service am Imbiss »Rohanka« zügig, das Personal ist eingespielt.

Besser wird der Sommer nicht mehr und die nächsten dreißig Kilometer gehen stetig bergab, so darf es hier mal ein echtes Bier sein: helles Lager der Marke »Velkopopovicky Kozel« (Groß Popowitzer (Ziegen-)Bock). Da es im Kopf weniger angreift als befürchtet scheint es tatsächlich ein Helles und kein Bock zu sein, wie der Name vermuten läßt. Dazu ordere ich zwei Hot-Dog mit Senffüllung(!), Kaffee und zwei »Nealkoholické pivo Birell« à 0,33 l für die Rückreise. Mit letzterem habe ich schon im Isergebirge beste Erfahrungen gemacht.

Blick über den Jeschkenkamm (Ještědský hřbet) nach Südosten.

Blick über den Jeschkenkamm (Ještědský hřbet) nach Südosten.

Blick über den Jeschkenkamm nach Nordwesten.

Blick über den Jeschkenkamm nach Nordwesten.

Blick nach Nordosten auf Reichenberg i. B. (Liberec) und das Isergebirge am Horizont.

Blick nach Nordosten auf Reichenberg i. B. (Liberec) und das Isergebirge am Horizont.

Gipfelkreuz und Berghotel / -Restaurant.

Gipfelkreuz und Berghotel / -Restaurant.

Jedno velké pivo, prosím!

Jedno velké pivo, prosím!

Rückweg

Wie schon zuletzt geht es zurück via Neiße-Tal Richtung Zittau. In Hartau nehme ich dieses Mal nicht den Neiße-Radweg auf deutschem Gebiet, sondern gleich die direkte Verbindung ins Zittauer Stadtzentrum. Bis Hartau geht es nur bergab, dazu kommt der hier fast immer aus südöstlicher Richtung, was die Fahrt recht energie-effizient werden läßt. Im Ortsteil Alt-Hartau gibt es ein gemütliches Fleckchen zum Rasten an der platzartigen Verbreiterung der  Unteren Dorfstraße.

Machendorf (Machnín): Blick zum Jeschkenkamm.

Machendorf (Machnín): Blick zum Jeschkenkamm.

Durchs Zittauer Zentrum gehts ziemlich gradlinig durch und anschließend der Eckartsberg hinauf. Der Wind steht hier günstig aus Südwest und ich entscheide mich, die alte B 178 bis Löbau komplett durchzufliegen. Etwas später stellt sich leider heraus, daß diese Straße gerade als Umleitungsstrecke für die B 178 n Richtung A 4 dient und das Verkehrsaufkommen durch den Rückreiseverkehr aus dem Zittauer Gebirge recht hoch ist.

Ab Löbau geht es über den Bähnle-Radweg bis Obercunewalde und hinab durchs Cunewalder Tal auf der Dorfstraße.

STRAVA-Route

Aufgrund eines Problems beim Aufzeichnen ist der Track nur bis Oelsa (b. Löb.) verfügbar, der Rest wurde nachträglich zu folgender Route rekonstruiert. Benutzt wurde dazu das recht nützliche Tool »Strava route viewer« eines Drittanbieters.

Fahrdaten (netto)

185,93 k | 2.900 Hm | 7:31:27 h | 24,71 Ø