Mit dem Mofa an den Gardasee

Meine Akzeptanz fürs E-Biking hielt sich bisher immer in engen Grenzen:

  • tolle Sache für alte Leute, die auf zwei Rädern an der frischen Luft mobil sein wollen sowie
  • interessant für Pendler zum Job, die schneller und vor allem nicht durchgeschwitzt bei der Arbeit erscheinen wollen.

Darüber hinaus: no way!

Wer in der Sonne eines Berggipfels glänzen will soll gefälligst aus eigener Kraft dahin gelangen und nicht mit einem elektrischen Motorrad. Es gibt in den Bergen schon genügend Konflikte zwischen Bikern und Fußgängern, Wanderern, Bergbauern, Viehzüchtern etc. pp. Wenn neben den echten Radfahrern jetzt auch noch die ganzen viertel- und halbfitten E-Hypes ins Gebirge strömen ist der Sack bald zu, noch mehr Ärger mit o. g. Interessengruppen und noch mehr gesperrte Wege für MTB.

Daß E-MTB massiv beworben werden sollte in den letzten Jahren niemanden aus der Szene entgangen sein. Ein weiterer Schritt in diese Richtung ist ein Rekordversuch, die Alpen an einem Stück in unter 36 Stunden zu überqueren. Ausgewählt wurde dafür die legendäre Heckmair-Route von Oberstdorf nach Riva del Garda. Befahren wurde diese in einem Zweier-Team Profi-MTBer mit »full support« durch Betreuer in der Zivilisation. Letztendlich wurde das gesetzte Ziel erreicht: Fahrzeit 27 h und 20 Min für ca. 400 km / 16.000 Hm. Dabei alle vier Jahreszeiten erlebt (Schnee auf dem Gavia-Paß…).

In den Sport– und Bike-Medien wurde die Aktion gefeiert und das Team mit Respekt überschüttet – unter der Verlinkung des Videos bei FB regnete es eher Hohn und Spott. Bei mir bleibt die Frage nach der Sinnhaftigkeit unbeantwortet, mit einem elektrischen Motorrad non stop über die Alpen zu prügeln. Die Frage nach Sinnhaftigkeit, die über die imposante Produktpräsentation des größten deutschen Fahrradherstellers, also einer reinen Werbeveranstaltung, hinausgeht. An Größenwahn grenzt die Vorstellung des Events im Web – sieht man sich doch als weiterer Meilenstein in der Fortschreibung der Geschichte der Alpenüberquerungen von Ötzi über Hannibal und Napoleon Bonaparte bis Andi Heckmair, der 1989 als erster Alpencrosser auf dem MTB galt und dessen Route von den »FOCUS-Bikes-Helden« für ihr Vorhaben gewählt wurde.

Dies vor allem vor dem Hintergrund vom »Abenteuer Alpenüberquerung« mit dem MTB, üblicherweise in ca. einer Woche, in Selbstversorgung, unter Genuß der großartigen Umgebung im hochalpinen Raum und Kopf-frei-kriegen in einer von vielen als stressig empfundenen Zeit?!

Ohne E-Unterstützung gab es ein ähnliches Vorhaben bereits 2010: Hobby-Sportler Guido Kunze fuhr in 66 Stunden 600 km / 20.000 Hm über die Alpen.

▶  http://www.focustransalp36.com