»Kalte Sophie« im Elbsandsteingebirge

Geländeradfahren im Elbsandsteingebirge ist immer so eine Sache, juristisch gilt: es ist alles verboten, es sei denn, es ist ausdrücklich erlaubt, heißt konkret Radfahren ist nur auf den ausgewiesenen Radrouten zulässig. Praktisch gilt, auch auf den ausgewiesenen Radrouten trifft man besonders im Sommerhalbjahr und besonders an Wochenenden und besonders bei schönem Wetter viele fußgehende Ausflügler und Wanderer, was immer Konfliktpotential birgt. Um die Landschaft trotzdem ungestört zu erleben sollte man eine Tour auf Tages- und Saison-Randzeiten sowie so genanntes schlechtes Wetter legen. Letzteres soll mit den Eisheiligen gegeben sein. Laut Kalender ist heute die Kalte Sophie bereit, für winterliche Bedingungen Mitte Mai zu sorgen.

05:11 Uhr ist Sonnenaufgang, der Tourstart gelingt kurz nach halb sechs, harte Zeiten aber irgendwie besser, als der späte Start. Bevor es wirklich losgeht muß ich nochmal zurück und die Kleiderwahl optimieren, es stehen sieben Grad auf dem Thermometer aber es fühlt sich frischer an. Diese Entscheidung werde ich später nicht bereuen. Dann endlich los, über einige Bergketten nach Südwesten ins Böhmische; Grenzübertritt am Hohwald zwischen Steinigtwolmsdorf und Severní (Hilgersdorf). Kein Mensch ist unterwegs, erst in Mikulášovice, dem einst sudetendeutschen Nixdorf, erwacht das Leben in Form von Menschen auf dem Weg vom / zum Bäcker. Hier verpasse ich leider den Einstieg in den Weg nach Hinterhermsdorf was einen kleinen Umweg Richtung / durch das Weißbachtal zur Folge hat. In Hinterhermsdorf machen sich einige Wandersleut‘ für ihre Tour fertig: ob der über Nacht eingebrochenen Temperatur und dem aufkommenden Nieselregen zum bereits wehenden Nordwind sehen die Gesichter nicht glücklich aus. Nächster Orientierungspunkt ist die Gaststätte Buchenparkhalle auf einer Anhöhe südlich Hinterhermsdorf und ab da Einstieg in die »Radroute im Nationalpark« / Lindigtstraße Richtung Gh. »Altes Zeughaus« via Kirnitzschtal und Thorwalder Brücke. Ab Zeughaus beginnt ein Schiebeteil den Roßsteig hinauf zum Großen Winterberg. Radfahren ist hier nicht erlaubt und ob der Steigung und der Querbalken aus alten Eisenbahnschwellen auch praktisch kaum möglich. (Steig = direkte Verbindung zwischen einem Punkt im Tal und dem Berggipfel oder einem Punkt auf der Kammlinie!) Auf dem Wegweiser ist eine Stunde fünfzehn Gehzeit bis zum Gipfel angegeben, tatsächlich brauch ich nur eine knappe Dreiviertelstunde. Nach wie vor ist niemand anzutreffen.

Auf dem Großen Winterberg (556 m ü. NHN) sitzen die Hotelgäste im Frühstücksraum oder sind im Begriff aufzubrechen. Nach einem Pott Kaffee geht es talwärts über die Winterbergstraße nach Schmilka an der Elbe. Leider sind die Klamotten beim kurzen Aufenthalt in der Gaststube nicht ganz getrocknet. Einen halben Kilometer vor Schmilka kommt eine Gruppe Wanderer bergan – die ersten Leute mit Ausnahme der Übernachtungsgäste auf dem Berg. Der kritische Teil ist geschafft, es gab keinen Ärger.

Im Elbtal geht es zwei flache Kilometer flußaufwärts bis zur Mündung des Kamnitzbaches in Hřensko (Herrnskretschen) und hier der Straße entlang des Kamnitzbaches folgend hinein in die »Böhmische Schweiz«, Radwege 21 und 3030, bis zum touristischen Grenzübergang im Kirnitzschtal / Wüstung Zadní Jetřichovice (Hinterdittersbach). Ein paar Meter weiter auf sächsischen Gebiet findet man wieder Anschluß an die »Radroute im Nationalpark«, ich fahre den Hollweg folgend hinauf zur Buchenparkhalle. Mittlerweile haben paar mehr Leute ausgeschlafen und es ist nicht mehr so einsam. Um nicht denselben Weg zurück nach Hause fahren zu müssen wähle ich hier eine Passage weiter östlich. Südlich Hinterhermsdorf / Neudorf geht es zunächst (wieder) hinab ins Kirnitschtal und bald ins Tal eines  Nebenflusses der Kirnitzsch: Brtnický potok (Zeidelbachtal). Die Wegbeschaffenheit ist hier für einen ausgewiesenen Touristischenradweg nach mitteleuropäischem Standard sehr ruppig – viel Schlamm, viel grobe Steine. Wenig später ergibt sich in Kopec (Hemmehübel) eine Einkehrmöglichkeit im Gasthaus »Bei Otto«. Das Haus und sein Biergarten gelten als empfehlenswert unter Wanderern und Radfahrern. Heute ist jedoch nicht so die Biergarten-Atmosphäre und ich hebe mir die Einkehr für günstigere Bedingungen auf. Am Ende des Zeidelbachtales liegt die namensgebende Ortschaft Brtníky (Zeidler).

Kurz vor Schluß legt sich die Kalte Sophie noch mal richtig in Zeug: auf dem ca. 550 m hohen Paß (50°57’35.9″N 14°26’36.2″E) zwischen Brtníky (Zeidler) und Kunratice u Šluknova (Kunnersdorf bei Schluckenau) fällt Schnee.

track_20160515

110,12 k | 2500 Hm | 6:36:35 h | 16,65 Ø

1 Kommentar

  1. Schön zu sehen, daß es Dir in den gleichen Ecken gefällt wie mir ;-)

    Den großen Winterberg haben wir mit den Kindern schon letztes Jahr bestiegen. Jetzt, Anfang Mai waren wir auch wieder zwei Wochen unten. Wir sind da quasi heimisch geworden und können ein paar m² Elbsandsteingebirge als unser betrachten, allerdings auf der anderen Seite der Elbe.

    Lieber Gruß,

    Manu

Kommentar verfassen

© 2024 bike ✯ vélo

!Est. since MMVII