Ziel für diese Tour am spätsommerlich-warmen Sonntag ist Strittmatters Laden in Bohsdorf in der Niederlausitz, von meinem Basislager aus ungefähr siebzig Kilometer Luftlinie nach Norden. Die zugrundeliegende Romantrilogie hatte ich vor zehn Jahren mal gelesen und für sehr lesenswert befunden, so daß eine Besichtigung des Schauplatzes schon lange anstand. Die Streckenführung soll sich an folgenden drei touristischen Radwegen orientieren:

Der Wind steht günstig aus Südost und so kommt man locker voran, kurzer Stopp ist am Südufer des Bärwalder Sees und wenig später an der Schrotholzkirche in Sprey. Kurz vor Neustadt wird es kurz technisch – Flussdurchfahrt (Furt) durch einen Nebenarm der Spree bei der Ruhlmühle. Mit dem Rennrad eine Bachdurchfahrung hatte ich noch nicht, der Wasserstand ist jedoch niedrig, max. zehn Zentimeter, und es rollt. Der letzte Kilometer vor Bohsdorf ist unbefestigter Waldweg, wahrscheinlich habe ich irgendwo einen Wegweiser übersehen oder es muß so sein.

DER LADEN (Erwin Strittmatter)

Strittmatters Laden ist schnell zu finden, groß ist das Dorf ja nicht. Es ist geöffnet. Gegen ein Entgelt von €2,50 kann man das Museum in Haus und Hof Strittmatters Kindheit, offiziell Erwin-Strittmatter-Verein e. V., besichtigen. Ich nehme mir die Stunde Zeit, es ist ja noch viel Tag am Himmel. Nach der Führung / Besichtigung durch die Gedenkstätte gibt’s zur Stärkung Pott Kaffee und Pflaumenkuchen im Gartenlokal direkt gegenüber.
Nächstes Ziel ist Bad Muskau, etwa zwanzig Kilometer entfernt. Es geht über den westlichen Ausläufer des Muskauer Faltenbogens, quer durch den Kiefernwald, vorbei an Überresten des Braunkohleabbaus, Richtung Döbern. Den zahlreichen Hinweistafeln hier ist zu entnehmen, daß der Tage- und Untertageabbau bis in die 1950er Jahre bestand.

Ab Döbern geht es auf oder entlang der B115 bis Muskau, der Rückenwind von Vormittag wird langsam zum Feind. Am südlichen Muskauer Stadtrand (51° 32′ 13.13″ N 14° 43′ 38.75″ E) wurde im vergangenen Jahr die alte Eisenbahnbrücke über die Lausitzer Neiße saniert und als Fußgänger- / Radfahrerbrücke hergerichtet. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges war sie Teil der Relation Weißwasser (Oberlausitz) – Muskau – Teuplitz – Sommerfeld. Die Konstruktion der Brücke über die Neißeaue (unter der Fahrbahn liegender Fischbauch-Fachwerkträger, neun Segmente) ist mir bei jedem Muskau-Besuch ins Auge gefallen. Schön, daß das Objekt erhalten wurde, nach dem die Bahnlinie schon längst stillgelegt und abgebaut ist. Der Oberbau besteht jetzt aus einem Holzboden, auf dem mittels zweier paralleler Metallstreifen im Abstand der Normalspurbreite und farblich dunkler aufgemalten Schwellen der ehemalige Schienenstrang symbolisiert werden soll. Bänke zum Verweilen und Hinweistafeln schließen das Ensemble ab. Ich fahre bis zum östlichen Widerlager der Brücke, auf polnischer Seite.

Später am Tag werde ich durch Schlagzeilen à la »Deutschland macht die Grenze dicht!« aus den Medien auf Einschränkungen beim Grenzübertritt verschreckt. Gemeint ist vorübergehend und vorerst zwar nur die Grenze nach Österreich, um dem unkontrollierten Einströmen Geflüchteter Herr zu werden, aber so fängt es an… (Original Meldung des BMI). Warum das hier Erwähnung findet? Dieses BLOG thematisiert unter anderem das Reisen, ich habe es vor elf Jahren sehr begrüßt, das durch den Beitritt Polens und Tschechiens zum Schengen-Raum endlich das lästige Paß-Zeigen wegfiel. Ich kann mich auch noch an die stundenlange Warterei und das Filzen bei den Grenzkontrollen zu DDR-Zeiten erinnern, wenn man z. B. nach Tschechien wollte. DAS muß ich nicht wieder haben.

Nach dem Exkurs über die Brücke geht’s zurück zur B115 und Richtung Rietschen / Niesky / Görlitz in südliche Richtung durch lange Kiefernwaldpassagen mit viel Gegenwind. In Niesky Abbiegen Richtung Niederseifersdorf und Löbau. Das Gelände wird offener, hügeliger und noch windanfälliger. Kurzer Halt mit Trinkflaschenauffüllen auf einer Anhöhe nördlich Kleinradmeritz. Kreuzung der B6 in Nechen, noch zwei Kilometer bis zum Kreisverkehr Großdehsa, hier, nach 79 Kilometern endlich aus dem Gegenwind raus und – ab Kleindehsa – gemütlich über den Radweg auf der Ex-Strecke Löbau – Großpostwitz bis Obercunewalde. Dann über die Dorfstraße und Großpostwitz / Spreeradweg.

176,01 k | 1100 Hm | 6:19:59 h | 27,79 Ø

Impressionen