Ein Jahr ganz ohne Berge geht nicht und da für 2012 kein Alpen-Cross geplant war bin ich zum 15. Black Forest ULTRA Bike Marathon nach Kirchzarten im Hochschwarzwald gefahren. Die Veranstaltung hat einen ausgezeichneten Ruf und gilt als technisch weniger anspruchsvoll. Als Massen-Event ausgelegt verlaufen die fünf Strecken von 43 bis 117 km Länge über breite Forstautobahnen, Wiesenwege und wenige kurze Trails. Für mich ist die Ultra-Distanz mit 117 km und 3.150 Hm interessant. Das Höhenprofil liegt zwischen 380 und ca. 1.200 m ü. NN und weist vier längere Anstiege sowie – typisch für Mittelgebirge – unzählige kleine Spitzen auf.

MTB-Marathons bringen nur bei schönem Wetter Freude, der Blick auf die Wettervorhersage scheint dies auch zu garantieren. Fast 30°C und Sonnenschein an dem Festival-Wochenende! Aufgrund des relativ weiten Anreiseweges von ca. 900 km plane ich paar Tage mehr – von Freitag bis Dienstag – mit einem Tag Anbiken der Region inklusive der höchsten Erhebung, des Feldberges (1.493 m ü. NN), Akkreditierung, Freibad, chillen und Biken-danach.

Halb acht soll der Startschuß für den ersten Startblock in der Fußgängerzone der Gemeinde Kirchzarten fallen, als Erstteilnehmer darf ich im vorletzten der 17 Startblöcke der Ultra-Distanz starten. In der Nacht zuvor hat es einige kurze Regenschauer gegeben, kalt ist es morgens kurz nach sechs Uhr nicht. Vom Hotel in Lenzkirch-Kappel bis Kirchzarten sind es ca. 35 km mit dem Auto, zehn nach sieben steh ich in meinem Startblock und warten noch gute vierzig Minuten bis mein Block an der Startlinie steht und es losgeht.

Im Startblock

Im Startblock

Unter den Anfeuerrufen der Fans rasen wir als Zehnergruppe durch den Ort der ersten Steigung entgegen. Am Fuße des ersten Berges haben wir den hinteren Teil des Vorgängerstartblockes eingeholt. Ab hier geh ich aus der schnellen Gruppe raus und fahre den Anstieg im eigenen Tempo. Noch bevor die Dorfstraße in Waldweg übergeht reißt einem Kontrahenten die Kette. Mit völlig entglittenen Gesichtszügen starrt er auf seinen Defekt. Der erste längere Anstieg endet auf dem Hinterwaldkopf (1.198 m ü. NN) bei KM 15,7. bis dahin kann ich gemütlich links an allen vorbeifahren, kurz vor oben kommt die Spitze der 08:15 Uhr gestarteten Marathon-Distanz (77 km / 2.050 Hm) und fliegt auch an mir vorbei.

Eine kleine Senke und noch ein paar Höhenmeter und ab KM 21 rollt es hinab nach Hinterzarten (Verpflegungspunkt bei KM 23) sowie weiter an den Titisee. Es folgt eine halbe Runde um den See herum, bevor es wieder in die Berge geht.

Bei Altglashütten (Verpflegung bei KM 43) gibt es im Wald eine längere steile Rampe, die meisten steigen ab und schieben am rechten Wegrand. Ich fahr links mit 5 – 6 km/h kaum schneller als die Gehenden vorbei. Irgendein Typ hängt mir am Hinterrad. Als es geschafft ist rollt es erst mal wieder länger hinab zur nächsten Verpflegungsstelle in Menzenschwand (KM 54), bevor nachfolgend eine fiese Rampe über losen Schotter zum Kaiserberg (1.156 m ü. NN; KM 58) zu bezwingen ist. Hier muß ich mangels Grip auf dem Hinterrad wie alle anderen vor dem Gelände kapitulieren und auch schieben. Kurz vor oben wird es wieder flacher und fahrbar mit einer längeren Abfahrt durch offenes Gelände und einem leichten Gegenanstieg nach Bernau (Schwarzwald), wo der nächste Verpflegungspunkt bei KM 66 eingerichtet ist.

Hier ist psychologisches Bergfest der Strecke, mehr als die Hälfte ist im Sack. Doch immer mehr Leuten sieht man die Strapazen des Rennens ins Gesicht geschrieben. Die Temperatur ist auf über 25°C gestiegen und der Himmel fast wolkenlos. Ich finde die Wärme nicht sehr hinderlich, der Abstand der Verpflegungspunkte ist so gelegt, daß ich mit einer Trinkflasche hinkomme, die zwei Liter Wasser im CamelBak bleiben fast unangerührt. In Bernau gibt es zum ersten Mal Cola, was sehr in mein Ernährungskonzept bei Wettkämpfen hineinpaßt. Besser ist nur starker Kaffee mit vier bis sechs Stücken Würfelzucker! Damit man auch was festes außer Bananen im Magen hat werden zwei Arten Gebäck angeboten, etwas festeres Brot mit Karottenstücken und Rosinenbrot. Letzteres wird von der Hitze mit der Zeit zu Zwieback.

Ab Bernau geht es nach zwei kurzen Spitzen länger bergab nach Todtnau, hier bei KM 75 wieder eine Verpflegung, bevor die mehr als zwanzig Prozent steile Asphaltrampe »Alpe de Fidlebrugg« in Todtnau-Aftersteg beginnt. Von weit her ist das Gegröhle der Schaulustigen an der Strecke zu hören, Musik und Stimmung wie am Ballermann peitschen die Teilnehmer den Berg hinauf und ob der 80 km in den Beinen traut sich hier niemand abzusteigen. Die Sonne knallt hier gegen den Berg und der heiße Asphalt grillt von unten. Bedingungen wie in den südlichen Alpen.

Die Rampe: »Alpe de Fidlebrugg«

Die Rampe: »Alpe de Fidlebrugg«

Mitten im Wald ist bei KM 85 am Almgasthaus Knöpflesbrunneneine weitere Verpflegung eingerichtet. Zwei schnelle Becher Cola, ein Stück Brot und weiter gehts. Ich fühle mich gut und glaube nicht, daß noch irgendwas Böses passiert. Es sind zwar noch dreißig Kilometer, doch das Höhenprofil weist keine wahnsinnig langen Steigungen mehr auf: noch über ein paar unbedeutende Hügel 15 km zur letzten Verpflegungsstelle in Oberried (Breisgau), OT Hofsgrund, KM 108.

Nun die letzte Abfahrt, erst alles Waldautobahn, dann über eine Wiese. Unachtsamkeit, zu hohe Geschwindigkeiten, Überschreitung der eigenen Grenzen, … was auch immer hat hier kurz vor dem Ziel noch für einige Stürze gesorgt. Schließlich noch etwas Straße in Kirchzarten und der Marathon endet mit einer Runde auf der künstlichen XC-Rennstrecke (der 1. Deutschen Meisterschaft MTB XC Sprint) und einer Dreiviertel-Stadion-Runde in der Sportstätte des SV Kirchzarten.

Finished!

Finished!

Die Zielankunftzeit ist 14:38 Uhr, netto kommt eine Fahrzeit von 6:45:29 für mich raus. Das entspricht einer Overall-Platzierung 552 von 958 Klassierten über die Ultra-Distanz. (Altersklasse: 160 / 264)

Jetzt erstmal allgemeines Runterkommen, Transponder abgeben, das freie Tannenzäpfle und die Urkunde abholen, Bratwurst, Bike grob reinigen, verladen, noch mal gucken gehen, die fast 30°C und wolkenlos genießen sowie schließlich Rückreise zum Hotel nach über einer Stunde.

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