Das wars (Saison-Abschluß traditionell)

Rückblick HH-B_2010: Mit zwei Männern aus Wesseln fahre ich knapp die Hälfte der Strecke von Hamburg nach Berlin. Es funktioniert gut und wir verabreden uns für 2011. Im August 2011 – zum letzten NordCup-Radmarathon in Kaltenkirchen – machen die Aktion klar und melden ein Fünfer-Team (Die Velofriesen) an. Kurz vor dem Start fällt leider ein Mitfahrer krankheitsbedingt aus. Mit den anderen verabrede ich mich zum Treffen am Startort.

Die Wetterprognose gibt das beste her, das man Mitte Oktober in Norddeutschland erwarten kann: Trockenheit, Sonnenschein und Temperatur zwischen Frost und 12°C.

Meine Anreise erfolgt wieder mit dem Auto bis zum P & R Parkhaus am S-Bahnhof HH-Bergedorf, schnell satteln und elf Kilometer mit zwei Rucksäcken (Wechselklamotten für Berlin und CamelBak fürs Rennen) zum Start. Je näher ich zur Elbe komme desto dichter wird der Nebel und desto tiefer fällt die (gefühlte) Temperatur. Ein paar zeitige Starter kommen mir auf dem letzten Kilometer bis zum Fährhaus Altengamme schon entgegen. Bevor es zum Frühstück geht wird erst die Startformalität abgewickelt, Startnummer holen – »… ist schon von Deinem Team abgeholt wurden!« – also Team suchen. Per Telefon kann ich sie lokalisieren, sie haben die Nacht in einem VW Camper verbracht und kratzen gerade den Reif von ihren Fahrrädern. »Viel wärmer als Außentemperatur kann es in dem Bus auch nicht gewesen sein«, denk ich beim Anblick der fröstelnden Gestalten. Den großen Rucksack laß ich bei Knut im Transporter nach Berlin und hol mir mein Frühstück ab, noch ca. 25 Min. bis zum Start um 07:21 Uhr. Aufgrund der hohen Zahl von Teilnehmern und der Enge im Gasthaus kann man auch draußen frühstücken. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt wird der Kaffee in der Tasse schneller trinkbar, nur die Butter ist nicht ganz so streichfähig, wie gewöhnt. Zwei Brötchen, zwei Kaffee und ab zur Startaufstellung.

Die Velofriesen auf der Geesthachter Brücke (Foto: Audax-Club SH)

Die Velofriesen auf der Geesthachter Brücke (Foto: Audax-Club SH)

Trotz des Nebels an der Elbe ist die Straße fast überall trocken und weil es noch keinen Bodenfrost gibt ist es außer auf der Brücke über die Elbe fast nirgends glatt. In den dichteren Nebelfeldern schlägt sich jener als Reif nieder, die Kälte kriecht durch die Handschuhe und als die Sonne flach über dem Horizont aufsteigt und die Sicht nimmt muß erst mal das Eis von der zuvor an den Helm gesteckten Sonnenbrille entfernt werden. Immer wieder überholen wir kleine Gruppen und Einzelfahrer, die zeitig gestartet sind.

In Neu Darchau (KM 50) fährt uns eine Gruppe auf, großgewachsene Kerle mit Oberschenkeln dick wie die Säulen des Brandenburger Tors. Sofort ist das Tempo statt bei unseren gemütlichen 30 bis 34 km / h bei 35 bis 38. Im dichten Nebel kann ich die hügelige, kurvenreiche Strecke nur erahnen und sehne mich nach den richtigen Elbbergen, der »Wand von Hitzacker« (auch: Die Klötzie mit der Erhebung Kniepenberg).

Bergfahren im Drawehn (Foto: HFS)

Bergfahren im Drawehn (Foto: HFS)

Am Fuße der Erhebung ist das Tempo noch unverändert, die schweren Jungs kennen offenbar das Gelände nicht und versuchen es mit Gewalt, den Hügel zu nehmen. Neben mir das Schnaufen einer Dampflok, dann Krachen als kurz vor dem Verrecken aufs kleine Kettenblatt runter geschalten wird. Mein Team hängt weiter hinten drin und pfeift mich zurück, das Tempo rauszunehmen. Trotzdem ist die Bergwertung meine. Die 13%-Abfahrt wird genutzt, um den Schwung mit in die nächste Steigung zu nehmen, teilweise vergebens.

Zwischen Hitzacker und Dannenberg / Elbe

Zwischen Hitzacker und Dannenberg / Elbe

An die Hügel schließt sich Hitzacker an und es wird wieder flach, bis Dannenberg bleibt das Tempo moderat, erst auf der B191 bis zur Dömitzer Brücke wird wieder gedrückt, sicherlich angeheizt durch sinnloses Gehupe und Engüberholen der motorisierten Verkehrsteilnehmer. Kleingruppen nutzen hier den Radweg.

Anfahrt zur Dömitzer Brücke (B191)

Anfahrt zur Dömitzer Brücke (B191)

Den Kontrollpunkt Dömitz (KM 94)erreichen wir 10:19 mit einem Fahrschnitt von 32,20 km / h. Das zweite Frühstück ist ebenso großzügig ausgelegt, wie in Altengamme. Ich verdrücke einen Becher Milchreis mit Kirschen, drei Brote, eine halbe Banane und zwei Becher Kaffee.

Zweites Frühstück in Dömitz (Foto: Audax-Club SH)

Zweites Frühstück in Dömitz (Foto: Audax-Club SH)

Wir fahren weiter, haben einen Gastfahrer aus Dortmund ohne Ortskenntnisse und elektrischer Navigationshilfe mit dabei. In einem Waldstück überholen wir einen Krankentransporter mit Blaulicht, es hat einen Unfall bei den HH-B-Fahrern gegeben. Details sind noch nicht bekannt.

Bald holt uns die im flachen schnelle Gruppe wieder ein und wir rasen 25 km mit ihnen. Um unser Team nicht zu zerstören müssen wir abreißen lassen. Ein zweiter Gast ist auch dabei, traut sich aber östlich Wittenberge nicht in den Schotterweg auf dem Elbdeich. Ich kenn die Abkürzung noch aus 2007. In Bälow (KM 153)braucht das Team eine Pause, wir fragen nach einem Bäcker – vergebens. Zehn bis fünfzehn Minuten vergehen. Weitere fünfzehn kurz darauf bei einer Reifenpanne bei unserem Dortmunder Gast. Wir sind fair und warten, bis er sein Material wieder einsatzbereit hat – Niko ziefert den zerrinnenden Bruttofahrschnitt. Die Elblandschaft ist hier besonders beschaulich, im Team mausert man wegen der schlechten Wegstrecke und dem Gegenwind auf dem Deich.

Auf dem Deich zwischen Havel (links) und Elbe

Auf dem Deich zwischen Havel (links) und Elbe

In der Hansestadt Havelberg (KM 185) haben wir unseren GPS-Track wieder und man mahnt, keine Abweichung mehr zu fahren. Der Wind nimmt zumindest gefühlt zu und weht wie angesagt von vorne. Über märkisches Kopfsteinpflaster und durch die »Allee des Grauen« steuern wir Rhinow (KM 202, Fahrschnitt noch 31 km / h) zu. Hier wird traditionell im Dorfladen direkt an der Strecke Verpflegung für den Rest des Rennens eingekauft. Unzählige leere Wasser, Schorle und Cola-Flaschen vor dem Laden deuten darauf hin, daß wir nicht die ersten sind. Ich besorge mir zwei Dosen Cola, eine Flasche Erdinger alkoholfrei und eine Packung Kaminwurz’n. Die erste Cola ist alle, bevor ich mit dem Bezahlen dran bin, die zweite kommt in die Flasche für unterwegs. Das Weizen ist schnell alle, dazu zwei Kaminwurze. Salz – Zucker – Vitamine – Elektrolyte … alles wieder aufgefüllt.

Bis Nauen müssen wir noch zweimal kurz halten, weil es Probleme mit Krämpfen im Team gibt. Direkt vor Nauen (KM 250) ist eine längere Pause in einer Schutzhütte gewünscht. Durch das mehrfache stoppen holt uns immer wieder ein St.-Pauli-Einzelfahrer ein, der langsamer unterwegs ist.

Zwischen Nauen und Falkensee bricht die aktuelle Geschwindigkeit auf 26 bis 28 zusammen. Uns holt ein Zweier-Team bzw. zwei sich gefundene Einzelfahrer ein, lutscht kurz im Windschatten und zieht von dannen. Irgendwie können wir das Team mobilisieren und holen die beiden wieder ein. Mit 35 auf der Uhr und Abwechslung  an der Spitze hängen wir sie bis Berlin final ab. Auf den letzten 15 km im Berliner Stadtgebiet wittern alle Zielluft und die Straßenverkehrsregeln werden sehr libertär gehandhabt.

Die Velofriesen im Ziel, Wassersportheim Berlin-Gatow (Foto: Audax-Club SH)

Die Velofriesen im Ziel, Wassersportheim Berlin-Gatow (Foto: Audax-Club SH)

Im Ziel (Alt Gatow, KM 281) werden wir freudig empfangen, ein Zielfoto durch Burkhard, zurückmelden bei der Rennleitung und duschen – in anderthalb Stunden geht der EuroCity vom sechs Kilometer entfernten Bahnhof Berlin-Spandau. Bis zum Bahnhof fahren wir mit dem Rad, der Radweg dahin ist das schlechteste Stück Wegstrecke des ganzen Tages, schlimmer als der Schotter in der Altmark.

Auf dem Bahnhof hol ich die Fahrkarte nach HH-Bergedorf und was zum Essen & Kaffee beim Bäcker. Oben am Gleis stehen kurz vor Abfahrt mehr Fahrradfahrer rum, als der Zug jemals aufnehmen kann. Angeblich wurde wegen der vielen Anfragen nach Fahrradstellsplätzen ein extra Gepäckwagen bestellt, der aber leider doch nicht dabei ist, als der Zug aus Villach in ÖR einfährt. Der ungewöhnlich freundliche Zugchef läßt uns in der 1. Klasse einsteigen – kaum zu glauben. Wahrscheinlich ist er selber Radfahrer. Im Abteil wird ein Paulaner alkoholfrei aufgemacht, zur Feier des Tages. Schläfrigkeit macht sich breit.

In HH-Bergedorf Verabschiedung vom Team, noch ein Kaffee, Auto suchen und Rückfahrt zum Wohnort. Was für ein schöner Tag!

Audax-Club Schlesw.-Holst. v. 2000

Fakten

Fahrdaten 281,41 km 9:12:00 h 30,58 km / h (brutto)
Start / HH-Altengamme KM 0 07:21
Kontrolle / Dömitz KM 94 10:19
Ziel / Berlin-Spandau KM 281 17:57

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