Der freie Tag und das vorhergesagte sommerliche Wetter bieten sich an, in die Berge zu fahren. Mit dem Geländefahrrad im Gepäck bin ich in drei Stunden in Wernigerode.

Zehn Minuten aufsatteln im Parkhaus »Zentrum« in der Pfarrstraße und ab in die Spur auf dem Europa-Radweg R1 von Wernigerode bis Ilsenburg. Direkt hinter der Brücke über das Flüsschen Ilse beginnt der zwölf Kilometer lange Anstieg auf den Brocken. Knapp eintausend Höhenmeter gilt es zu überwinden. Im ersten Drittel ist der Anstieg noch relativ flach, mal links, mal rechts rauscht der Ilse-Bach, alter Mischwaldbestand bietet Schatten. Ab der Hälfte wird das Gelände offener und die Sonne drückt spürbar. Vor zwei Jahren gab es hier noch mehr hohen Fichtenbestand aber irgendwas hat für großflächiges Baumsterben wie in den 1980er Jahren gesorgt.

Das Ziel winkt in der Ferne & man ist nicht allein

Das Ziel winkt in der Ferne & man ist nicht allein

Am Abzweig Hermannsklippen entscheide ich mich wie immer für die Variante »Brocken / Steiler Anstieg 5,4 km«. Zwei Kilometer weiter mündet der Weg in den beliebten Hirtenstieg. Zur DDR-Grenzsicherung wurde der einstige Pfad mit Betongitterplatten belegt und zum Kolonnenweg ausgebaut. Die unbarmherzige Steilheit des Anstiegs bis jenseits der 25 Prozent Steigung lassen immer wieder einen ganz besonderen Erlebniswert aufkommen. Der Genuß auf den letzten 2,8 km dauert dieses Mal 26 Minuten und ich verfehle das ewige Ziel Brocken-Aufstieg ab Ilsenburg in unter einer Stunde um sieben Minuten.

Hirtenstieg kurz vor "oben"

Hirtenstieg kurz vor „oben“

Auf dem Brocken-Plateau (1.142 m) ist es brechend voll, Wanderer, Radfahrer und Menschen, die der Dampfzug hochtransportiert tummeln sich. Bei frischen zehn Grad gönn ich mir zur Stärkung im Biergarten eine Linsensuppe mit Wurst, ein alk-freies Weißbier und einen Kaffee.

Gipfel zwei den Tages ist der Wurmberg, mit 971 m der zweithöchste Berg des Harzes. Dazu geht es die Brockenstraße hinab bis kurz vor den Ortseingang Schierke und hier scharf rechts in die Sandbrinkstraße. Diese steigt stetig an bis zum Kreuzungspunkt am Dreieckigen Pfahl, einem alten Grenzstein aus Granit.

Anstieg Wurmberg: die Downhiller schieben lieber.

Anstieg Wurmberg: die Downhiller schieben lieber.

Wieder über einen Ex-Kolonnenweg geht es Richtung Wurmberg. Auch hier sind die letzten Höhenmeter wieder besonders Steil aber statt Platte ist der Untergrund auf den letzten paarhundert Metern loser Schotter. Der Biergarten der Berggaststätte ist auch hier gut besucht. Ich halt mich aber nicht länger auf und fahre über den Asphaltweg hinab nach Braunlage. Im Ortszentrum findet sich bald der Einstieg in einen blaumarkierten Wanderweg zum Silberteich . Am Ostufer fahre ich nach Norden bis zur Talsperre Oderteich.

Oderbrücktalsperre, wenig Wasser und Waldsterben am andern Ufer.

Oderbrücktalsperre, wenig Wasser und Waldsterben am andern Ufer.

Der Pegel des Sees ist niedrig gefallen und einige Leute liegen auf dem so entstandenen Strand. Durch das sonst überflutete Gebiet zieht sich ein schmaler Weg am Westufer des Sees entlang. Irgendwann wird dieser immer schmaler und läuft sich zwischen umgestürzten Bäumen aus. Bis zum offiziellen Wanderweg am Westufer sind so einige hundert Meter Tragepassage durch den Urwald zu bewältigen. Leider verläuft der Wanderweg aufgrund des sumpfigen Untergrundes über Bohlen und Stege, ist als Bike-Trail nicht zuletzt wegen der Fußgänger nicht optimal. Drei Kilometer später mündet der Pfad bei Torfhaus auf die Bundesstraße 4.

Das Café am Infozentrum Harz in Torfhaus ist wieder Anlaufpunkt hunderter Motorradfahrer. Ich orientiere mich nach der Eckertalsperre und über breite Waldwege ist die Staumauer bald erreicht. Auch hier ist der Pegel niedrig, am Ufer großflächig Fichtenwald abgestorben.

Blick über die Eckertalsperre Richtung Brocken

Blick über die Eckertalsperre Richtung Brocken

Über Großes Sandtal, Ilsetal, Plessenburg und Bielsteinchaussee geht es zurück nach Wernigerode. Bei der Abfahrt Bielsteinchaussee gewinne ich neue Freunde aus der Kategorie aktiver Teilnehmer Herrenpartie, die sich vom Geräusch Mountainbike auf Schotterweg geweckt panisch umdrehen und per Hechstsprung aus dem Weg bringen. Flüche und Drohgebärden werden durch die nachgezogene Staubfahne wirkungsvoll gedämpft, ich hoffe die Jungs im Tal nicht wieder zu sehen.

Folgender Klimax des Ausweichverhaltens läßt sich dabei in Abhängigkeit der Fahrgeschwindigkeit beobachten:
– ab 30 km / h wird man bemerkt
– ab 40 km / h treten sie respektvoll beiseite
– ab 50 km / h springen sie panisch rüber
– ab 60 km / h panischer Sprung unter Mitreißen des benachbarten Weggefährten

Eine Bratwurst bei einem Fest auf dem historischen Marktplatz und ein richtiges Essen beim Lieblingsitaliener runden den Tag kulinarisch ab.

Den Track gibt es hier.

Statistik:
106,02 km | ca. 2.100 Hm | 6:10:53 h