Saison-Auftakt der Rennradmarathons wieder klassisch zum Rudi-Bode-RM in Hamburg-Hamm. Leider will mein langjähriger Team-Kollege dieses Jahr nicht mitfahren und so Anreise allein. Mit einem Google-Roadbook auf Papier finde ich den Startort am anderen Ende von Hamburg mehr mit Glück als mit Ortskenntnis. Nochmal Glück gibt’s bei der Parkplatzsuche auf dem beengten Gelände einer Gewerbeschule – der letzte Parkplatz ist meiner!

Bis zum Start hab ich noch knapp zwanzig Minuten, von denen ich gefühlt 15 in der Schlange bei der Anmeldung verbringe. Die übliche Fritz-Kola und Banane vorher muß im Eilverfahren konsumiert werden und dann ab in die Startaufstellung, wie immer möglichst weit vorne. Hier wird man von einigen Bekannten begrüßt: »Naaa, gut durch den Winter gekommen?!? :-)« – »Ähhh, ja – ich hoffe, das hier heute gut zu überstehen :-/« Einen 200er Brevet vor vier Wochen und eine bergige 160-Kilometer-Tour im Harz ist leider die einzige Vorbereitung für die Langstrecke. Nachdem sich das Feld nach den ersten unschönen Kilometern in der Stadt wieder gefunden hat höre ich hinter mir Gespräche, wer wo im Süden im Frühlingstrainigslager war oder wer wie immer jeden Winter durchgefahren ist. Bei mir gab es weder das Eine noch das Andere, dafür wochenlang kein Sport wegen krank. Ich denke trotzdem, in der vordersten Gruppe mitzufahren – so kann ich hinterher wenigstens behaupten, alles gegeben und nichts ausgelassen zu haben.

Mit nur selten über 40 km/h zieht die ebenso mensch-zählige Gruppe hinaus nach Altengamme zur ersten Kontrolle bei KM 29. Das Feld teilt sich hier, einige fahren wie immer gleich durch, einige verpflegen sich kurz. Ich besorge mir zwei halbe Brötchen und fahr mit drei Bekannten von St. Pauli und zwei Unbekannten los. Auf dem Altengammer Hauptdeich – südlich die Elbe, nördlich Altengamme – sehen wir in weiter Ferne Teile der ersten Gruppe. Als ich denke »Na ja, das sind mehr als tausend Meter, die wollen wir ja sicher nicht einholen …« fallen hinter mir die Worte »Los, die kriegen wir doch noch?!!!« Ich hab nicht auf die Uhr geguckt, aber lang hat es nicht gedauert und die Frage ist mit ja beantwortet und wir haben wieder eine schöne Gruppe von zwanzig Leuten. Die meisten bleiben auch nach der einzigen Steigung des Tages, der Wand von Tesperhude hinter Geesthacht dabei.

Kontrolle 2 ist bei KM 63 in Gülzow, der Tacho zeigt einen 35,5er Schnitt, natürlich ist das für diese Jahreszeit zu schnell, aber die Vernunft ist offenbar mal wieder zu Hause geblieben.

Bis KP 3 (KM 108) am Schaalseekanal, einem idyllischen Flecken j. w. d., passiert nichts Aufregendes. Ab hier weht der Wind nun jedoch von vorn und der Nachhauseweg wird spürbar intensiver. Ab KM 140 verabschiede ich mich von der Führungsarbeit der Gruppe und fahre nur noch mit. Jetzt läßt es sich nicht mehr leugnen, daß diese 16er-Gruppe etwas zu flott unterwegs ist.

Kurz darauf an einem Abzweig in einen schmalen Weg schmiert vor mir ein Fahrer auf Sand ab. Außer einer Abschürfung an der linken Gesäßseite ist ihm zum Glück nichts passiert und in Sekundenschnelle geht’s weiter. Bei KM 150, keine zwei Stunden mehr bis zum Ziel, nehme ich an, daß der Tag doch noch ein gutes Ende nehmen wird.

An KP 4 (KM 157), wieder Gülzow, liegt der Schnitt noch bei 34,5. Wir treffen hier auf zahlreiche Teilnehmer der RTFs. Etwa 15 hängen sich in unsere Gruppe, was vorne einige animiert, das Tempo zu erhöhen. Wie morgens um die 40 km/h, nur dieses Mal in Einerreihe und gegen den Wind. Etwa 15 km später muß ich passen.

Nur noch 28 bis 30 km/h fahr ich gemütlich weiter bis KP 5 (KM 181), wieder Altengamme. Die Pauli-Leute sind noch hier und wollen gerade los, ohne Pause häng ich mich dazwischen, für den Kontrollstempel und eine Scheibe Rosinenbrot im Fahren verzehrt langt die Zeit aber noch.

Die letzten reichlich dreißig Kilometer führen durch ländlich anmutende Vororte von Hamburg. Auf der Straße ist viel los, rechts die RTF-Gruppen, links Gegenverkehr, dazu enge, unübersichtliche Kurven. Das es keinen Unfall gibt ist ein Wunder. Paar mutige RTF-Fahrer versuchen der Gruppe hinterher zu steigen scheitern aber schnell. Tempo 35 plus x, dazu immer wieder schmerzhaftes Antreten nach Kreuzungen oder wenn PKW überholt werden. Manche nennen das Intervall-Training.

Entgegen aller Ermüdungserscheinungen kann sich der Willen schließlich doch durchsetzen, mit dem St. Pauli Radteam & Co. zu finishen. Die Sonne ist draußen, es sind fast zwanzig Grad Celsius und ein schöner Tag. Danke den Veranstaltern von Endspurt Hamburg! Danke für den Windschatten und vielleicht in zwei Wochen in Husum die Runde 2.

Statistik

215,36 km / 6:22:56 / 33,74

Wetterinfo: 10 – 18°C, bedeckt, heiter, sonnig, Wind: 25 km/h aus West