Das Frühstück ist auf der NEUEN HEILBRONNER HÜTTE auch abgezählt aber ausreichend. Auf Hütten scheint das so üblich zu sein.

Draußen scheint die Sonne, die ganze Nacht dachte ich, es regnet. Das Plätschern war dann aber der Brunnen vor dem Haus und nicht der Regen. Auf der Abfahrt über die geschotterte Fahrstraße können die am Rucksack befestigten Sachen trocknen, über Nacht ist nicht trocken geworden. Es geht vorbei am Kops-Stausee und einen kurzen Anstieg hinauf auf das Zeinisjoch (1.845 m), dann weitere 500 Hm hinab über Galtür nach Ischgl. Obwohl es erst kurz vor elf Uhr ist haben wir hier die letzte Chance des Tages, was einzukaufen. Den Rest des Tages soll es mehr oder weniger durch die Wildnis gehen. In der City von Ischgl treffen wir einen Einzelreisenden, der auch auf der NEUEN HEILBRONNER HÜTTE übernachtet hatte. Sein Garmin ist kaputtgegangen, bzw. sein Track „hat sich gelöscht“. Gut, daß Papierkarten nicht plötzlich zu Staub zerfallen … denk ich und wir zeigen ihm, wo es lang geht, da er einen Teil auf unserer Route unterwegs ist.

Den Weg aus Ischgl hinaus ins Fimbatal zur HEIDELBERGER HÜTTE, dann über den Fimberpaß und hinab nach Sur-En hatten wir schon bei unserer 2007 AÜQ. dabei. Anfangs ist die Straße ziemlich steil (Kette links), wird dann ab der Mittelstation der Silvretta-Seilbahn flacher. An einem Brunnen vor der Mittelstation füllen wir die Flaschen nach und treffen auf zwei Radreisende aus dem Baskenland. Mit schweren Gepäcktaschen und Zelt wollen sie auch über den Fimberpaß. Wir erklären ihnen, daß dieser Weg schwer ist, sie sind jedoch frohen Mutes, es zu schaffen. Den weiteren Anstieg zur HEIDELBERGER HÜTTE hatte ich als gleichmäßig in Erinnerung, es wechseln sich jedoch Rampen mit flacheren Stücken ab. Auf der HEIDELBERGER HÜTTE (2.264 m) machen wir Mittag … Spaghetti all’arrabbiata, Erdinger alkoholfrei, Pott Kaffee.

Fimbatal, Heidelberger Hütte

Fimbatal, Heidelberger Hütte

Hinter der Hütte geht der Pfad zum Fimbapaß (2.608 m) los, erst ein Stück bergab, über einen Steg und dann 400 Hm Trage- und Schiebepassage. 2007 hatte ich hier gelitten, dieses Jahr ist es nicht schlimm, auf der Höhe ist die Temperatur auch angenehm.

Kurz vor oben durchqueren wir das einzige Schneefeld auf der Tour und oben ist der Frost noch im Boden. Lange halten wir uns nicht auf, ein schnelles „Wir-waren-hier!“-Foto, einen Riegel (das Mittagessen ist schon wieder raus!) und dann abwärts; zunächst schiebend, dann fahrend über Vna und Ramosch in Inntal.

Fimbapaß (2.608 m)

Fimbapaß (2.608 m)

Hier im Inntal ist es extrem idyllisch, auf einem Zeltplatz am Bach könnte man verweilen, doch es sind noch 1.200 Hm auf die Sesvenna vor uns, also lieber oben übernachten, als morgens aus der Kalten 1.200 Hm am Stück. Die ersten 600 Hm bis zur UINA DADAINT Alm (1.770 m) sind steiler Schotterweg. Ich erreiche die Alm vor Matze und bin nicht sicher, ob wir den Rest noch fahren wollen uns warte erstmal ab. Von der Wirtin, einer Mutti Anfang / Mitte dreißig, die in der Zivilisation als alternativ beschrieben werden würde erfahre ich bei einem halben Liter Cola, daß wir gut in der Zeit und in guter Verfassung sind. Für den Anstieg zu ihrer Hütte habe ich 1:10 Std. gebraucht, die meisten brauchen zwei bis drei Stunden. Bevor die Cola alle ist trifft Matze ein und bestellt sich auch noch eine. Ich unterbreite ihm die Idee, hier zu übernachten, doch merke gleich, daß es lächerlich ist: es regnet nur leicht, lohnt sich nicht einmal die Regenjacke auszupacken und ist erst kurz nach 19:00. Die Alternativ-Mutti gibt uns zweieinhalb Stunden bis zur SESVENNA-HÜTTE (2.256 m); Matze trinkt aus und wir machen uns in die Spur. Vorher zieh ich mir noch das tagsüber getrocknete lange U-Hemd unter das Trikot, Matze fährt kurz.

Uina-Schlucht (Val d'Uina)

Uina-Schlucht (Val d’Uina)

Hinter Uina Dadaint endet der Fahrweg, der Trail ist aber noch fahrbar. Am Beginn des in den Fels gehauenen Steiges schieben wir die Uina-Schlucht hinauf. Rechts unten donnert der Bach durch die Klamm. Zwei, drei Tunnel wurden beim Anlegen des alten Schmugglerpfades vom Engadin in den Vinschgau angelegt, mit einer LED-Taschenlampe schaffen wir Licht ins dunkel. Auf dem Hochplateau des Schlinigpasses (2.295 m) ist es frischer und wird langsam dunkel. Noch sind wir unter der von der Alternativ-Mutti prognostizierten Zeit – und das soll auch so bleiben rede ich uns ein. Da der Trail schon wieder abwärts geht, es aber noch keinen Abzweig zur SESVENNA-HÜTTE (Zahn: „… etwas versteckt hinter einem Hügel westlich der Ruine der alten Pforzheimer Hütte …“) gab vermutet Matze, wir haben den Abzweig im Halbdunkel verpaßt. Ich kann mich aber weder an einen Abzweig noch an eine Ruine erinnern und vor uns sind mehrere frische MTB-Spuren im Schlamm. Der Weg scheint noch richtig zu sein. Also weiter. Wenig später entdecke ich tatsächlich erst die ALTE PFORZHEIMER HÜTTE und dann die SESVENNA-HÜTTE. Der Kraftakt dahin war grenzwertig, von den anderen Bikern wurde unsere Zielankunft bejubelt. 21:00 ist bisher die späteste Ankunft an einem Tageziel. Drinnen ist es brechend voll, eine 40-köpfige Reisegruppe ist auch hier und uns bleibt nur noch das Notlager. Noch bevor man uns das nur über eine Leiter zu erreichende Notlager unter dem Spitzdach der Hütte zweigt wird ein doppelter Obstbrand ausgeschenkt. Zum Abendessen gab es Rahmgeschnetzeltes mit Reis in doppelter Portion und alkoholfreies Weißbier.

Die Zeit der Alternativ-Mutti konnten wir halten, wir brauchten 2:17 ab ihrer Alm.

12.07.2010: 77,04 km | 7:36:24 h | 2.550 Hm