I’m dancing in the rain on and on ♬

Meine dritte Teilnahme am Zeitfahren von Hamburg nach Berlin. Dieses Jahr finde ich mich im Vorfeld online mit drei Einzelstartern aus Berlin zusammen und wir gründen ein Team. Man kennt sich nicht, ist sich aber bezüglich der Geschwindigkeiten einig. Alle anderen haben keine HH-B-Erfahrung und ich bin mit der Navigation betraut. Leider sagt wenige Tage vor dem Start ein Teilnehmer ab und wir starten zu dritt. Auch leider wird die Wetter-Prognose für den Samstag Mitte Oktober immer düsterer und tendiert zum Dauerregen.

Wie schon im Vorjahr reise ich nach Hamburg-Bergedorf mit dem Auto an, stell dieses im P+R-Parkhaus (park and RIDE!) ab und fahre mit dem Rad, zwei Rucksäcken (CamelBak für die Tour und 30-Liter-Rucksack mit Wechselklamotten für Berlin) nach Hamburg-Altengamme. Der Regen ist Programm und nach wenigen Kilometern sind die Schuhe durch naß. Im Gasthaus »Elly Herr« wird vor dem Start gefrühstückt, es ist genügend Platz hier, da wahrscheinlich viele ob des Wetters nicht antreten werden. Nach dem Frühstück finde ich mein Team bei der Startnummernausgabe auf dem Deich und mit naß-kalten Füßen entschwinden wir 06:33 Uhr mit leichter Verspätung von knapp zehn Minuten in die Dunkelheit Richtung Berlin. Das Tempo auf der Elbuferstraße in der »Niedersächsischen Elbtalaue« ist für Strecke, Wetter und Jahreszeit viel zu hoch. Am Limit rasen wir an Einzelstartern und Kleingruppen, die vor uns ins Rennen gegangen sind vorbei. Mir schwant bereits Übles. Bei KM 40 müssen wir kurz eine Pinkelpause einlegen. Danach geht es gleich mit Druck weiter.

In Hitzacker (KM 75) treffen wir auf eine größere Gruppe, die an einem Abzweig auf unseren Track stößt. Bis zur einzigen Kontrolle in Dömitz fahren wir in der Gruppe mit und erreichen das Feldlager um 09:50 Uhr. Mit heißem Kaffee versuche ich mich zu wärmen, während ich auf das Team warten muß, welches den geplanten Kurz-Stopp sehr ausdehnt.

Mit völlig ausgekühlter Muskulatur fahren wir nach einer gefühlten halben Stunde weiter, nach wie vor Regen. Bisher ohne Unterlaß. Das Tempo auf langezogenen Alleenstraßen gen Wittenberge, Mittelpunkt der Strecke, ist deutlich geringer, als auf den ersten 95 Kilometern bis Dömitz. Kurz vor Wittenberge erleben wir die ersten Schwächeerscheinungen im Team. Ich kann den Kollegen mit etwas Verhandlungsgeschick überzeugen, nicht an einem Döner-Imbiß vor Wittenberge anzuhalten, da wir ja erst knapp fünfzig Kilometer seit der letzten Pause gefahren sind und wieder Auskühlung droht. Wir fahren weiter und kurz hinter Wittenberge geht bei ihm nichts mehr. Wir halten auf freier Strecke und er ißt was aus dem eigenen Vorrat. Während dessen rollt von hinten eine sehr große Gruppe, dreißig bis vierzig Fahrer und zwei Frauen, heran. Wir schwingen uns wieder auf die Bikes und hängen uns hinten dran. Die Gruppe fährt sehr moderat Zweierreihe und um die 30 km / h – der Gefährte kann sich erholen.

In Rhinow, KM 200, halten wir im Dorfladen und versorgen uns für den Rest der Strecke. Die Gruppe bleibt auch nach Rhinow noch in dieser Größe zusammen. Kiefernwälder und offenes , manchmal leicht welliges Gelände wechseln sich ab. Der Regen hat aufgehört und für wenige Minuten brechen zaghafte Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke. Zehn Kilometer vor Nauen erleidet der Kollege wieder einen Hungerast. Dieses Mal aber richtig – rien ne vas plus!

Wir müssen aus der großen Gruppe rausgehen. Gefährte zwei ist noch in besserer Verfassung und ich schick ihn in der Gruppe mit, während ich mich um den Gestrandeten kümmere. Mit einem PowerBar-Gel (schwarze Johannisbeere & Koffein) und meiner vollen zweiten Trinkflasche mit Xenofit Blutorange versuche ich wieder Kräfte in ihm zu mobilisieren. Mit 17 km / h rollen wir ruhig weiter, ich vorn er im Schlepp. Immer wieder frage ich, ob alles, vor allem das Tempo, okay ist. Allmählich erholt er sich und hinter Nauen geht schon wieder ein 25er Schnitt.

Den fahren wir bis Falkensee, hier treffen wir überraschend unsere große Gruppe an einer roten Ampel wieder. Es stellt sich heraus, daß sie am Bahnübergang und diversen Kreuzungen warten mußten und generell der Geist raus ist, d. h. statt 30 fahren sie auch nur noch 25 bis 28 km / h.

Gemeinsam erreichen wir wenig später um 17:08 Uhr das Wassersportheim in Alt Gatow, Berlin-Spandau. Endlich aus den nassen dreckigen Klamotten raus, was essen und heiß duschen. Danach Verabschiedung bei den Berliner Kollegen, Dank für das Team-Play unter den extremen Bedingungen (>200 km Dauerregen bei einstelliger Temperatur) und mit dem Rad über trockene Wege zum sechs Kilometer entfernten Bahnhof Spandau, ein Ticket nach Bergedorf gekauft und ab mit dem EuroCity Richtung Hamburg.

Ergebnis

  • 285,48 km | 9:28:30 h | 30,13 km/h
  • Fahrzeit über alles 10:35 h
  • Platz 27 (von 54)

Audax Club Schleswig-Holstein

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