Was mich bewog, beim Debüt in den Mountainbike-Marathon-Sport gleich das härteste Rennen in Europa mit 209 km / 7.025 Hm zu wählen kann ich gar nicht mehr sagen. Ich glaube, ich wollte einfach ein Finisher-Shirt von dem Event und gepaart mit der alten Devise immer die längste Distanz der Veranstaltung fahren kam die Entscheidung zustande. Freunde und Bekannte, die sich im Ausdauersport mindestens ein wenig auskannten kommentierten die Aktion in der vollen Bandbreite von Respekt bis Größenwahnsinn. Auf was ich mich eingelassen habe wurde erst am Renntag klar, aber egal – alles oder nichts und Hauptsache ankommen!

Der Start der Salzkammergut-Trophy A-Strecke (Extrem-Distanz) ist morgens und fünf Uhr am Marktplatz in Bad Goisern. Um vier Uhr bin ich mit einem weiteren Teilnehmer, der im gleichen Hotel abgestiegen ist, wie ich, zur gemeinsamen Anreise zum Start verabredet. Wir fahren per Rad die reichlich zehn Kilometer durch den lauen Samstagmorgen in der Nachbarort. In Goisern steppt schon der Bär und nach einer kurzen Ansprache der Organisatoren werden die ca. 500 Starter auf die Strecke geschickt.

Auf der kurzen Flachetappe im Dorf wird kräftig Gas gegeben, am ersten Anstieg sind gleich 1.000 Hm am Stück zu bewältigen, unten noch über Asphalt, später Waldweg und das letzte Stück bequeme Waldautobahn. Ich versuche meinen Rhythmus zu finden, doch es gelingt nicht so wie geplant. Beim zweiten längeren Anstieg zur Hütteneckalm – 300 Hm – geht es besser. Mittlerweile ist auch Tag und die Sonne beginnt zu wärmen. Im weiteren Verlauf nehm ich jeden Verpflegungspunkt – die Österreicher nennen es Labestation mit, da ich nicht weiß, was nach hinten raus passiert. Das Verpflegungsangebot ist allerbest, es gibt alles: Obst, belegte Brote, Gebäck und Iso-Drinks des Sponsors PowerBar.

Das erste Zeitlimit liegt bei KM 130 hinter Weißenbach, ich hab ein Polster von einer Stunde und bin zufrieden damit. Gegen 15:00 ziehen Gewitterwolken zusammen und wenig später bricht ein heftiger Gewitterregen los. Ich bin zu dem Zeitpunkt gerade in der flachen Etappe am Hallstätter See kurz vor Obertraun. Das Gewitter ist genau über dem See, kleine Grüppchen stellen sich unter, um vom Regen verschon zu bleiben, doch man ist eh komplett eingesaut von Schweiß und Dreck, daß es keine Rolle spielt. Vor dem nächsten und fiesesten Anstieg über den Salzberg und dann zur Roßalm – dem Gipfel der Strecke – hört der Regen auf. Es ist jetzt ziemlich schwül und ich merke die geschafften 150 Kilometer. Arme und Schultern tun sich schwer, das Bike auf Geradeauskurs zu halten. Je höher man kommt, desto kühler wird es, bei der Roßalm ist Nebel und Mix aus Erschöpfung und der abendlichen Feuchte macht die 600-Hm-Abfahrt zum Gosausee zur Tutur. Als aus dem Nebel Regen fällt zieh ich die Regenjacke aus dem CamelBak – was für ein Luxus!

Das zweite Zeitlimit ist in einem Festzelt am Gosausee, ich erreiche es ziemlich punktgenau. Von hier geht es noch einmal reichlich 400 Hm am Stück hinauf. Der Regen läßt nach und ich fühle mich irgendwie gut. Langsam aber stetig geht es die Serpentinen der Waldautobahn hinauf, immer den Besenwagen im Nacken. Im Tal hör ich eine schwere Enduromaschine der Streckenposten hinaufdröhnen. Als sie hinter mir auftaucht versuche ich einen gesunden Eindruck zu erwecken, um nicht aus dem Rennen genommen zu werden. Dann die letzte Abfahrt, es ist nicht mehr kalt aber die Erschöpfung sitzt dermaßen im Körper, es geht fast nichts mehr. Am letzten Kontrollpunkt vor Goisern sprüht mir ein Posten einen grünen Punkt auf die Startnummer und meint, ich sei durch. Was er damit meint versteh ich nicht. Am Ende heißt es gewertet, ich finishe nach 16 h 10 Min, zehn Minuten nach dem Limit. Hinter mir kommt nicht mehr viel, der Rest hat aufgegeben oder wurde disqualifiziert, die Angebe des Veranstalters über 30 bis 50% Ausfallquote auf dieser Strecke haben sich bewahrheitet.

Der Kollege aus dem Hotel trifft mich wenig später beim Abholen meines Finisher-Shirts, wir spritzen mein Bike grob ab und seine Freundin fährt uns im Auto zurück zum Hotel. Ich kann mich zwar kaum bewegen, schaff es aber noch in die Badewanne und krieg in zwei Waschgängen den Dreck vom Körper. Was für ein Tag, wird mir lange in Erinnerung bleiben!

Mein Ergebnis (Google Docs Tabelle)