Während der Tour zur Heufuderbaude im Isergebirge zeigte sich, daß das ferner liegende Riesengebirge keine zwanzig Kilometer weiter nach Südosten zu finden ist. Nur von Bad Flinsberg (poln. Świeradów-Zdrój) die so genannte Sudetenstraße (Droga Sudecka, Droga wojewódzka 358) weiterfahren und schon erreicht man Schreiberhau (Szklarska Poręba) im Riesengebirge.

Bei Bernstadt a. d. Eigen: In der Ferne das Isergebirge.

Bei Bernstadt a. d. Eigen: In der Ferne das Isergebirge.

Um die Tour rund zu kriegen fehlt ein vom Hinweg abweichender Rückweg. Das Gebirge gibt den Weg vor und außer dem Neuweltpaß (886 m) bei Jakobsthal (Jakuszyce), der Iser- und Riesengebirge geografisch sowie Polen und Tschechien politsch trennt, macht da nichts Sinn. Also Schreiberhau auf der polnischen Nordseite des Hauptkamms, Neuweltpaß, und Harrachsdorf (tschech. Harrachov) auf der tschechischen Südseite. Dann südlich des Isergebirges durch das Neißetal zurück. Um ungefähr zwanzig Kilometer und etlige Höhenmeter in der »Terra incognita« im Gebiet Tannwald bis Reichenberg i. B. zu sparen ergibt sich eine schöne Lösung: vom Neuweltpaß auf nahezu gleicher Höhe bis Klein Iser (tschech. Jizerka) und weiter zum Wittigpaß (Smědava, 899 m) mit anschließender Abfahrt vom Hohen Iserkamm nach Nordwesten.

Eine Unbekannte bzgl. Befahrbarkeit mit dem Straßenrad bleibt ein etwa anderthalb Kilometer langes Wegstück im Bereich des Grenzüberganges an der Iser. Seit 2005 gibt es hier wieder eine für Fußgänger und Radfahrer benutzbare Brücke. Der Grenzübergang mit der Karlovský most (Karlsthaler Brücke) befindet sich auf 770 m zwischen Karlsthal (poln. Orla) und Klein Iser (tschech. Jizerka). Beide Orte sind per asphaltierte Wege erreichbar, dazwischen: mal sehen, wird schon gehen.

Landschaft bei Kiesdorf a. d. Eigen.

Landschaft bei Kiesdorf a. d. Eigen.

Lausitzer Neiße bei Ostritz.

Lausitzer Neiße bei Ostritz.

Bis zum Südost-Eck der Oberlausitz

Aufbruch zur Tour ist wieder kurz vor Sonnenaufgang, der fortgeschrittene Sommer gibt ca. halb sechs vor, wenn es ohne Beleuchtung am Rad sein will. Bis an das Isergebirge heran ist dieses Mal ein direkterer Weg mit Grenzübergang nach Polen in Ostritz gewählt. In den Tälern und Senken des Ostlausitzer Hügellands und Neißegebiets liegt mit dunstiger Feuchtigkeit der Morgennebel, die Anhöhen sind frei man kann in der Ferne das Gebirge ausmachen. Fünf Kilometer östlich der Neiße wird schon wieder das Staatsgebiet gewechselt und man befindet sich jetzt in Tschechien.

Landschaft bei Philippsthal (Filipovka) im Isergebirgsvorland.

Landschaft bei Philippsthal (Filipovka) im Isergebirgsvorland.

Direkt an der uralten Grenze der historischen Region Böhmen beginnt der Radweg 3016, dessen ungefähren Verlaufs es bis Friedland in Böhmen (Frýdlant v Čechách). Das Zentrum von Friedland befindet sich relativ tief im Tal der Wittig (Smědá) und ihrem rechten Zufluß Rasnitz (Řasnice), nach Osten geht es aus der Stadt raus via Radweg 3059 das Rasnitztal hinauf bis Heinersdorf an der Tafelfichte (Jindřichovice pod Smrkem).  Östlich Heinersdorf habe ich einen vier Kilometer langen Abschnitt einer abgebauten Bahnlinie, die über die Staatsgrenze Tschechien – Polen führt und seit 1945 nicht mehr benutzt wurde, eingeplant. Anfangs noch fester Sandweg verschlechtert sich der Zustand der Oberfläche zusehens: Gras, Schlamm, Wurzeln (der Größe der wild gewachsenen Fichten auf der Trasse nach muß die Strecke direkt nach Ende des zweiten Weltkrieges abgebaut worden sein…). Da es keinen losen Schotter gibt ist der Weg fahrbar. Zwei frische Trekkingrad-Spuren unterschiedlichen Profils sind auszumachen, hier ist also heute schon jemand mit dem Rad gefahren und nur in eine Richtung, d. h., mit großer Wahrscheinlichkeit ist der Weg durchgängig. Ist er auch: am Gelände der alten Bahnstation Volkersdorf (poln. Wolimierz) hat man wieder Straße unter den Reifen.

Diese Passage ist auf keinen Fall zum Nachfahren zu empfehlen, sinnvoller, wenn auch mit mehr Höhenmetern (über die Bergkette Heinersdorfer Rücken) ist der Radweg 3006 von Heinersdorf bis Neustadt an der Tafelfichte (Nové Město pod Smrkem).

An der alten Bahnstation beginnt die erste nennenswerte Steigung des Isergebirges, auf der Straße 358, welche nach knapp vier Kilometern bei Wiegandsthal (poln. Pobiedna) auf die Straße von Neustadt a. d. Tafelfichte trifft. Als 358 kann man diese weiter bis Bad Flinsberg fahren. Diese Strecke kenn ich schon und will die kürzere Nebenstrecke hinauf zur unteren Station der Heufuder-Gondelbahn auf 620 m ausprobieren. Der Abschnitt ist mit durchschnittlich 9% und maximal 17% Steigung angegeben, was bei einer Länge von 1,7 km immerhin für einen Berg der Kategorie 3 reicht. Oben ist ein großflächig angelegter Parkplatz, hier ist Skigebiet und im Winter bestimmt viel los. Vom Parkplatz geht es steil bergab ins Zentrum des alten Kurortes Bad Flinsberg.

Sudetenstraße

Am Ende der Fußgängerzone gelangt man wieder auf 358, die als Sudetenstraße das Tal des Queis hinauf, neun Kilometer bis zu einer Hochebene mit polnischem Namen Rozdroże Izerskie auf 767 m, führt. Hier ist ein Wandererparkplatz angelegt und in alle Himmelsrichtungen gehen Wege ab (rozdroże = Kreuzung). Bis 2013 stand an der Straße die Berghütte Ludwigsbaude.

Sudetenstraße: Rozdroże Izerskie.

Sudetenstraße: Rozdroże Izerskie.

Relativ flach geht es auf 358 weiter bis zur so genannten Todeskurve (Zakręt Śmierci) oberhalb von Schreiberhau im Riesengebirge. Bis hier hin verlief die Sudetenstraße nahezu gradlinig und plötzlich wurde eine 180°-Kurve um den Schwarzenberg (Czarna Góra, 965 m) gebaut, die einigen zum Verhängnis wurde.

Sudetenstraße: Todeskurve, Blick Richtung Bad Flinsberg.

Sudetenstraße: Todeskurve, Blick Richtung Bad Flinsberg.

Sudetenstraße: Todeskurve, Blick Richtung Schreiberhau i. R.

Sudetenstraße: Todeskurve, Blick Richtung Schreiberhau i. R.

Sudetenstraße: Todeskurve, Blick von der Brüstung ins Tal und gegen den Hauptkamm des Riesengebirges mit (in den Wolken) dem Reifträger-Gipfel (Szrenica 1.362 m).

Sudetenstraße: Todeskurve, Blick von der Brüstung ins Tal und gegen den Hauptkamm des Riesengebirges mit (in den Wolken) dem Reifträger-Gipfel (Szrenica 1.362 m).

Vom versprochenen Ausblick zum Hauptkamm des Riesengebirges ist aufgrund von Bewölkung um die Gipfel nicht viel zu sehen. Bevor es die drei Kilometer hinab nach Schreiberhau i. R. geht ist Innehalten angesagt, die Landschaft genießen, was essen und die Trinkflaschen auffüllen. Ungefähr die halbe Strecke der Tour ist geschafft.

Oberschreiberhau, Ortsteilzentrum.

Oberschreiberhau, Ortsteilzentrum.

Kamm Riesengebirge / Isergebirge

Nach kurviger Abfahrt gelangt man in den Ortsteil Oberschreiberhau (Szklarska Poręba Gorna). Im Tal rauscht der Zacken (Kamienna), an dessem Rande verläuft die Fernverkehrsstraße von Stettin nach Prag (E 65) hinauf auf den Kamm zum Neuweltpaß. Der (Lkw-)Verkehr ist dicht, aber breite Randstreifen sichern das Überleben.

Jakobsthal (poln. Jakuszyce) / Neuweltpaß (886 m)

Jakobsthal (poln. Jakuszyce) / Neuweltpaß (886 m)

Der Neuweltpaß (polnisch Przełęcz Szklarska, tschechisch Novosvětský průsmyk) (886 m) strahlt entgegengesetzt seines Namens wenig Euphorie aus: außer viel bracher Fläche und einem Sporthotel im Charme einer Fernfahrerkneipe gibt es hier nichts. Südlich der seichten Anhöhe befindet sich das Biathlon-Zentrum, nördlich eine Tankstelle nebst modernerem Hotel und die Bahnstation der Zackenbahn. Ich halte mich hier nicht weiter auf und finde direkt den Einstieg in den Weg nach Karlsthal (poln. Orle). Der Weg ist asphaltiert, was schon mal viel wert ist.

Siedlung Karlsthal (Orle) mit Hütte »Stacja Turystyczna Orle«.

Siedlung Karlsthal (Orle) mit Hütte »Stacja Turystyczna Orle«.

In Karlsthal (825 m) endet der asphaltierte Weg und geht als fester gesandeter Weg weiter, erst einen Kilometer vor der Karlovský most wird es kritisch, bleibt aber größtenteils fahrbar. Die Brücke wurde in 2005 neu aufgebaut, das Vorgängerbauwerk von 1901 wurde nach dem Zweiten Weltkrieg gesperrt, in den 1960er Jahren durch Hochwasser der Iser stark beschädigt und 1979 abgerissen. Auf tschechischer Seite ist wieder fest gesandeter Weg mit Naturpflaster an Steilstellen verbaut. Die kritische Stelle, der psychologische Wendepunkt dieser Tour ist somit überstanden.

Karlovský most, Karlsthaler Steg, Blick nach Westen.

Karlovský most, Karlsthaler Steg, Blick nach Westen.

Fluß Iser / Jizera / Izera.

Fluß Iser / Jizera / Izera.

Karlovský most. Original von 1901. (Foto auf Infotafel vor Ort).

Karlovský most. Original von 1901. (Foto auf Infotafel vor Ort).

Weg nach Klein Iser (Jizerka).

Weg nach Klein Iser (Jizerka).

Klein Iser & Wittighaus

Der gesandete Weg verläuft entlang des Baches Kleine Iser (Jizerka) anderthalb Kilometer durch Fichtenwald, zwischen Buchberg (Bukovec, 1.005 m) und Mitteliserkamm (Střední jizerský hřeben) dann öffnet sich das Gelände und gibt den Blick frei auf die Kleine Iserwiese mit der Siedlung Klein Iser. Völlig der Zeit entrückt erscheint der Ort, einzelne Häuschen sind weit verstreut über das Gelände, es gibt keinen Autoverkehr, ein paar Touristen sind zu Fuß oder auf Fahrrädern unterwegs.

Kleine Iserwiese, Klein Iser und Welscher Kamm.

Kleine Iserwiese, Klein Iser und Welscher Kamm.

"Klein

Im Nordwesten des Areals Kleine Iserwiese (Malá Jizerská louka) beginnt wieder der Wald und auf asphaltiertem Weg, nach einem Anstieg (zum höchsten Punkt der Tour auf ca. 930 m) erreicht man den Weiler Wittighaus (Smědava, 847 m) mit der gleichnamigen Bergbaude (Horská chata Smědava). Der Biergarten ist gut besucht, das Wetter schön und nach ca. 140 km im Sattel hat man Appetit auf was Warmes. Es werden hausgemachte Hefeklöße mit Heidelbeerfüllung angeboten, dazu gibt es alkoholfreies Helles in ½-Liter-Dosen sowie frischen Kaffee.

Wittighaus / Horská chata Smědava.

Wittighaus / Horská chata Smědava.

Nach zwanzig Minuten Mahlzeit geht es die Nordrampe des Wittigpasses hinab und mehr oder weniger entlang des Flusses Wittig (Smědá) bis Friedland i. B. Die Abfahrt macht Spaß, die Qualität des Asphalts ist neuwertig. Kraftverkehr ist im Gegensatz zum Neuweltpaß kaum vorhanden.

Heimreise

Westlich Friedland i. B.  gibt es den ersten Gegenanstieg, auf identischem Weg wie bei der ersten Tour ins Isergebirge geht es zurück nach Zittau. Westlich Zittau wähle ich die B 96, die ist ziemlich nervig und so findet sich ab Oberoderwitz eine kurze Nebenstrecke. Bei Walddorf (zu Eibau) ist die Energie von den Heidelbeerklößen raus und es muß wieder was aus dem Rucksack nachgeschoben werden, die Trinkflaschen sind auch schon wieder leer. Kurze Pause bei KM 203 und weiter über Ebersbach, Neusalza-Spremberg, Spreeradweg und Wilthen – mit Jägerhaus-Paß.

Sehr schöne Mittelgebirgstour in allerbester Umgebung!

Fahrdaten (netto).

Fahrdaten (netto).

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